Gegen Welthunger - Algorithmus soll Ernährungsunsicherheiten erkennen

Ein Forschungsteam des Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen (WFP) und der Central European University (CEU) hat einen Algorithmus entwickelt, der vorhersagen soll, wo sich Menschen in prekären Ernährungssituationen befinden, wenn es kaum Daten über ein Gebiet gibt. Das könnte Entscheidungsträgern eine Basis für gezielte Hilfeleistungen liefern. Die Resultate der im Fachblatt "Nature Food" erschienenen Studie finden sich auf der "HungerMap LIVE" des WFP.

193 Millionen Menschen in 53 Ländern befanden sich 2021 in akuter Ernährungsunsicherheit. Die Zahl stieg in den vergangenen Jahren stetig, auch als Folge der Corona-Pandemie. Wer dieses globale Problem angehen will, muss die Situation und ihre Entwicklung überwachen, heißt es in einer Aussendung des Forschungsteams vom Department of Network and Data Science der CEU in Wien.

Wenn Politiker und Hilfsorganisationen Gesetze und Programme gegen Welthunger beschließen wollen, müssen sie wissen, wie viele Menschen sich in einem bestimmten Gebiet in Ernährungsunsicherheit befinden. Häufig seien Primärdaten jedoch nicht vorhanden, weil Evaluierungen, wie z. B. persönliche Befragungen oder Telefonumfragen, mit finanziellen und personellen Kosten verbunden sind.

Hier knüpft der Algorithmus der Forscher an. Dieser könne vorhersagen, in welchem Gebiet Personen von "unzureichender Nahrungsaufnahme" bedroht sind und wo Menschen "problematische Bewältigungsstrategien im Zusammenhang mit Nahrung" anwenden, erklärte Elisa Omodei, eine der Hauptautorinnen der Untersuchung, im APA-Gespräch. Eine problematische Bewältigungsstrategie sei beispielsweise, auf eine Mahlzeit zu verzichten oder billigeres Essen zu kaufen, um über die Runden zu kommen.

Für die Berechnungen würden täglich globale Daten zu Konflikten, Wetterextremen und wirtschaftlichen Kennzahlen wie etwa Inflationsraten bei Lebensmitteln aktualisiert und in einem Modell zusammengeführt, was es dem System erlaube, Vorhersagen beinahe in Echtzeit zu treffen. "Der Algorithmus lernt bestimmte unabhängige Variablen mit bestimmten Ernährungssituationen in Verbindung zu bringen", erläuterte Omodei. Anhand von Mustern in diesen Daten könne dann eine Vorhersage getroffen werden, so die Forscherin.

Die Berechnungen des Algorithmus fließen bereits in die "HungerMap LIVE" der WFP ein, die online Einsichten in die globale Ernährungssituation liefert. In manchen Ländern hätte die Karte Zugriff auf Primärdaten, wie man am Zusatz "Actual" neben dem Landesnamen im oberen Bereich erkenne könne, erklärte Omodei. Bei den Ländern mit dem Zusatz "Predicted" kämen die Daten von den maschinellen Vorhersagen. Einmal pro Woche könnten Interessierte einen Bericht über die wichtigsten Entwicklungen per E-Mail erhalten, so Omodei.

Die globale Anwendungsmöglichkeit des Algorithmus birgt jedoch auch ein potenzielles Problem, da der Arbeit zufolge lokale Muster teilweise nicht entdeckt würden. In Zukunft möchte das Projektteam deshalb eventuell ein noch lokaleres Modell entwerfen, das stärker auf die verschiedenen regionalen Gegebenheiten zugeschnitten sei. Dafür brauche es jedoch noch mehr Daten.