Aztekischer Kopfschmuck im Weltmuseum: Restitutionsfrage gewinnt Aktualität

Khadija von Zinnenburg Carroll unterrichtet Geschichte an der Central European University in Wien. Ihre Spezialgebiete sind Kolonialgeschichte und visuelle Kunst. Ihre diesjährige Buchveröffentlichung “Mit fremden Federn. Quetzalapanecáyotl – Ein Restitutionsfall” wirft neues Licht auf den erbittert geführten Rückgabestreit um den berühmten aztekischen Kopfschmuck im Weltmuseum. 

Das Objekt und seine Geschichte 

Dem aufwändig gestalteten aztekischen Federkopfschmuck wird als letztes erhalten gebliebenes Exemplar seiner Art besondere symbolische Aufladung zuteil. Der Penacho, wie er in Mexiko genannt wird und dessen Name in Nahuatl Quetzalapanecáyotl lautet, ist Projektionsfläche kollektiver Identitätsstiftung, Sinnbild kolonialer Habgier und nicht zuletzt Lehrbeispiel umstrittener Haltungen in Restitutionsfragen. 

Als Teil der habsburgischen Kunstsammlung auf Schloss Ambras, Tirol, wurde die spektakuläre Federkrone 1596 erstmals urkundlich erwähnt. Vor dem Hintergrund der aus dem kollektiven Bewusstsein nahezu verdrängten österreichischen Kolonialgeschichte untersucht von Zinnenburg Carroll die Geschichte des einzigartigen Artefakts. Sie analysiert die Haltung öffentlicher Institutionen zu Fragen wie Rassismus und Kolonialismus, aufbauend auf den Erkenntnissen von Freud, Marx und Fanon über Entfremdung, Schuld, Eigentum und Animismus. 

Aus dem Vorwort von Rolando Vazquez: “Carroll ist eine direkte Nachfahrin der Philippine Welser Freiherrin von Zinnenburg, die zusammen mit ihrem Ehemann Erzherzog Ferdinand II. die erste dokumentierte europäische Besitzerin und Sammlerin von Quetzalapanecáyotl war. Diese Familienbande führen uns zu einem frühneuzeitlichen/kolonialen Europa, das beginnt, sich selbst als Zentrum der Welt und jetzt der Geschichte darzustellen; einem Europa, das für sich in Anspruch nehmen wird, Besitzer und Kenner der Welt zu sein.” 

Parlamentarische Untersuchung 

Im Oktober 2022 wurde von Zinnenburg Carroll wurde als Expertin zu einer parlamentarischen Untersuchung geladen, in der die Restitution der Federkrone besprochen wurde. Das Ergebnis der Untersuchung ist ausstehend. Von Zinnenburg Carroll solidarisiert sich mit dem mexikanischen Aktivisten Xoko Gomora, der seit Jahrzehnten Kundgebungen für die Rückgabe des Penacho organisiert. Ein Filmprojekt über den langwierigen politischen Kampf um Mexikos Kulturgut ist in Planung (Apex Film Wien). 

“Mit fremden Federn” 

Die Recherchen zu diesem Buch wurden durch die Kulturabteilung der Stadt Wien, die Humboldt Stiftung und dem Europäischen Forschungsrat (Horizon 2020 – REPATRIATES Programm) unterstützt. Ein Podcast mit Khadija von Zinnenburg Carroll wurde anlässlich der Veröffentlichung in Kooperation mit der Hauptbücherei Wien aufgenommen. 

Zur Autorin: Professor Khadija von Zinnenburg Carroll erwarb ihren PhD in Kunstgeschichte an der Harvard University und unterrichtet Geschichte an der Central European University (CEU) in Wien.   

Referenz: Mit fremden Federn. Quetzalapanecáyotl - Ein Restitutionsfall. Von Khadija von Zinnenburg Carroll. ISBN 978385476-952-1, Mandelbaum Verlag Wien & Berlin, 2022 

Rückfragehinweis:
Susanne Hofmarcher
Communications Specialist
Central European University